Geschichte der Gemeinde Winkelsett
Nach BOCK (2016) sind die Gemarkungen bereits in vorgeschichtlicher Zeit besiedelt worden, darauf deuten die häufigen Hügelgräber hin, wobei daraus nicht auf eine Siedlungskontinuität geschlossen werden kann.
Andere Orte stammen aus dem altsächsischen Siedlungsperioden. In etlichen Fällen haben sich aus Einzelhöfen im Laufe der Zeit, vor allem während der frühmittelalterlichen Rodungskolonisation, Streusiedlungen oder Weiler entwickelt.
Wieder andere Siedlungen sind Gründungen der Frühen Neuzeit. Die Wüstungen entstanden im Spätmittelalter; sie waren nicht kriegsbedingt, sondern die Orte sind als Folge des Bevölkerungsrückgangs und der Agrardepression wüst gefallen. Es gab darunter auch Ortschaften/Plätze, die nur vorübergehend wüst fielen und dann wieder besiedelt wurden.
Im Folgenden soll kurz die Entstehung der einzelnen Ortsteile der Gemeinde Winkelsett dargestellt werden.
Ortsteil Barjenbruch
Als Eigenname im 17. Jahrhundert im Amt Harpstedt vielfach vertreten. Wahrscheinlich hat es in der Flur Barjenbruch im 16. Jahrhundert zwei Hofstellen gegeben.
In der Steuerliste von 1534 sind unter „Up dem Woelde“ ein „Bargenbroick“ und „Roleff ibid(em) vermerkt. Auch in späteren Steuerlisten des 17. Jahrhunderts findet sich unter „Woltleute“, „Wohltleutte“, „Woltleuthe“ Namen die auf Einzelhöfe in Barjenbruch und Harjehausen schließen lassen.
Die Ortschaft Wohlde selbst wird nicht erwähnt, sondern mit den genannten Einzelhöfen als „Woltleute“ zusammengefasst.
Dirk Heile nimmt an, dass Barjenbruch aus dem wüst gefallenen Wolbrechtinghusen entstanden ist.
Ortsteil Hackfeld
Der Ortsteil wurde erstmalig um 1260 als „Hacvelde“ um um 1270 als „ Hacvelde iuxsta Wildesh“ bezeichnet. Die Namensdeutung nach Lutosch: Der Ortsname leitet sich wahrscheinlich von der Hackwirtschaft ab.
Ortsteil Harjehausen
Die wahrscheinlich aus einem Einzelhof aus der zweiten altsächsischen Siedlungsperiode (vor dem 9. Jahrhundert) entstandene Siedlung wird erstmalig um 1400 in den Hoyer Lehnsregistern als „Heringehusen“ erwähnt.
In den Steuerlisten des 16. und 17. Jahrhundert sind die Bewohner wie die von Barjenbruch meistens als „ Woltleute“ zusammengefasst. Namensdeutung nach Lutosch: Der Ortsname leitet sich wahrscheinlich von dem Eigennamen Harro ab.
Ortsteil Hölingen
Der Ort Hölingen wurde als Personennamen von Johannes de Holinge und Meinricus de Holinge erstmals in einer Urkunde um 1260 genannt.
Der vorgeschichtliche Siedlungsplatz selbst wird vor 1346 erstmalig als Ort „Holinghen“ erwähnt. Namensdeutung nach Lutosch ist unklar vielleicht aus dem mittelniederdeutschen hol= Engpass, Zufluchtsort.
Ortsteil Kellinghausen
Ein Bruno de Kelenchusen erscheint als Zeuge in einer Urkunde des Grafen von Tecklenburg aus dem Jahr 1225.
Dies ist die früheste bekannte Nennung ds Ortes. Die wahrscheinlich aus einem Einzelhof aus der zweiten altsächsischen Siedlungsperiode (vor dem 9. Jahrhundert) entstandene Siedlung wird erstmalig um 1260-1270 im Lehnregister der Oldenburger Grafen: „Burn van Kellinghusen und sin sone hebben von uns den hof to Kellinghusen […]“ erwähnt. Namensdeutung nach Lutosch: Siedlung eines freien Mannes.
Ortsteil Kieselhorst
Ein Lvdolfus de gislehorßt wird 1213 als Zeuge in einer Urkunde der Äbtissin Beatrix zu Bassum genannt.
Die Siedlung wurde in den Hoyer Lehnsregister von vor 1346 als „Kyselhorst“. Namensdeutung nach Lutosch: Gisle/Kisle wahrscheinlich Abkürzung von Gisel/Kisle wahrscheinlich Abkürzungen von Giselher/Giselbert, horst= mittelhochdeutsch für Gestrüpp, Krüppelholz.
Ortsteil Mahlstedt
Der vorgeschichliche Siedlungsplatz wird „domus Malenstede“ erstmalig in einer Urkunde des Bischof Gerhard von Osnabrück 1194 erwähnt und 1223 als „Malstede“ in einer Urkunde Papst Honorius III. besonders hervorgehoben, mit der er das Stift Wildeshausen samt dessen Besitzungen unter seinen Schutz stellt.
Namensdeutung nach Lutosch: mittelniederdeutsch mal vom altsächsischen mahal= Gerichtsstätte. Der Name lässt auf eine alte Thingstätte schließen.
Ortsteil Reckum
Ebenfalls ein vorgeschichtlicher Siedlungsort (Großsteingräber), wurde als Ort in einer Urkunde aus der Zeit um 1260 als „Reken“ bezeichnet.
In der gleichen Urkunde wird auch ein Borchardus de Reken genannt. Namensdeutung nach Lutosch: mittelniederdeutsch reke=die im freien Feld sich hinziehende lebendige (Dorn-)Hecke=Wohnstätte an der Hecke.
Ortsteil Rüdebusch
Um 1370 wir in der Hoyer Lehnsregistern „en hus tom Rudebusche“ erwähnt.
Der Einzelhof wird in den Steuerlisten des 17. Jahrhunderts unter Reckum geführt. Die Herkunft des Namens konnte Lutosch nicht klären.
Ortsteil Spradau
Der Ort wurde 1321 erstmals als „Spredove“ urkundlich genannt. In den Hoyer Lehnsregistern von vor 1346 wird die Siedlung als „Spradowe“ angeführt.
Sie muss kurz nach ihrer Ersterwähnung bereits wüst gefallen sein, dies allerdings nicht dauerhaft, denn der Meierhof war bereits ab ca. 1375 wieder bewirtschaftet worden.
Ab 1534 lässt sich ein Geschlecht Spille auf dem Hof nachweisen. Namensdeutung nach Lutosch: mittelniederdeutsch spreden = sich ausdehnen, Ort bei einer ausgedehnten Aue (der Katenbäke)
Ortsteil Winkelsett
Ein Ministerialer des Bischofs Arnold von Osnabrück namens Everhardo de Winkelsete erscheint 1175 als Zeuge in einer Urkunde, 1186 als Everhardus de Winkelset und 1188 als Everhart de Winkilsethen.
Der Ort an sich wird in den Hoyer Lehnsregistern von vor 1346 als „Wynkelsede“ angeführt, und dort auch um 1365 als „Winckelsettern“ Namensdeutung nach Lutosch: Wohnsitz im Winkel= Lage in einem von zwei Seiten abgeschlossenen und nach der dritten Seite offenen Raum.
Ortsteil Wohlde
Ein Hermannus de Wolde wird in einer Urkunde 1278 erstmals erwähnt, der Ort selbst um 1370 ebenfalls als „Wolde“ in den Hoyer Lehnsregistern aufgeführt.
In den Steuerlisten des 17. Jahrhunderts werden die Einwohner von Wohlde, Barjenbruch und Harjehausen gemeinsam als „Woldtleute“ geführt. Namensdeutung nach Lutosch: mittelniederdeutsch wold, walt = Hof am/im Wald.
(Quelle: Herbert BOCK(2016): Begehrt und umstritten. Der mittlere Hunteraum vom 13. Bis zum 17. Jahrhundert.)
Jüngere Geschichte
In der Nachkriegszeit bestand die heutige Gemeinde Winkelsett aus zwei eigenständigen Gemeinden, Der Gemeinde Winkelsett und der Gemeinde Reckum.
Die beiden Gemeinden gehörten dem Landkreis „Kreisgrafschaft Hoya“ mit dem Verwaltungssitz in Syke an. In der Zeit ab 1965 verfolgte die Landesregierung das Ziel die Anzahl der Gemeinden im Land deutlich zu reduzieren. In der Folge kam es zur Bildung der Samtgemeinde Harpstedt.
Mit Wirkung vom 01.01.1971 trat die Gemeinde Reckum der Samtgemeinde bei. 1974 kam es auf Vorschlag der Landesregierung zu einer Eingliederung der Gemeinde Reckum in die Gemeinde Winkelsett. Gleichzeitig trat die Gemeinde Winkelsett auch der Samtgemeinde Harpstedt bei. Das Gesetz zur Neugliederung der Gemeinden trat am 01.03.1974 in Kraft. Damit wurde die Samtgemeinde in ihrer jetzigen Form aus der Taufe gehoben.
Die Mitgliedsgemeinden innerhalb der Samtgemeinde blieben zwar rechtlich selbständig, Umfang und Zuschnitt der Aufgaben, die ihnen zur Erledigung verbleiben, werden jedoch begrenzt. Zu den bereits bisher der Samtgemeinde obliegenden Verwaltungsaufgaben und Kassengeschäften wird nun ein wesentlicher Teil der Aufgaben des so genannten eigenen Wirkungskreises der Gemeinden auf die Samtgemeinde übertragen. Dazu gehören die Aufstellung eines einheitlichen Flächennutzungsplanes, die Trägschaft der öffentlichen Schulen und der öffentlichen Kindergärten, das Büchereiwesen, die Erwachsenenbildung, die Errichtung und Unterhaltung der mehrerer Mitgliedsgemeinden dienenden Sportstätten, der Gesundheitseinrichtungen, die Altenbetreuung ebenso die Wasserbeschaffung und Abwasser- und Abfallbeseitigung.
Im Zuge der Privatisierung kommunaler Aufgaben sind einige Aufgaben inzwischen an private Gesellschaften abgegeben worden. Durch den Fortbestand der Mitgliedsgemeinden sind die Chancen der Bürger, in den ehrenamtlichen Gremien auf gemeindlicher Basis, an der verantwortlichen Gestaltung der örtlichen Gemeinschaft mitzuwirken, in sehr viel stärkerem Maße als in den Einheitsgemeinden erhalten geblieben.
Bei der Kreisreform Niedersachsen wurde der ausreichend große und von der Einwohnerzahl genügende Landkreis Grafschaft Hoya trotz großer Proteste aufgelöst. Die Samtgemeinde Harpstedt kam mit ihren acht Mitgliedsgemeinden am 01.11.1977 zum Landkreis Oldenburg (Oldenburg). 1988 wurde dann der Sitz der Kreisverwaltung nach Wildeshausen verlegt. 1993 wurde der Landkreis in Landkreis Oldenburg umbenannt.
(Quelle Günter KASTENDIEK (2022): Die Samtgemeinde einst und jetzt.)